Stiefkindadoption Bauer

 

Wer im Internet nach dem Stichwort "Stiefkindadoption" googlet, findet diese Webseite, www.Stiefkindadoption.de, die Sie gerade besuchen.
Die Wahrscheinlichkeit ist aber groß, dass man bei der Recherche auch eine Webseite mit ähnlicher URL findet, die sich nur durch einen zusätzlichen Bindestrich von dieser hier unterscheidet.

Der Seitenbetreiber eröffnet seine Webseite mit:
"Diese Internetseite ist ein absolut kostenloses Informationsangebot für Eltern, die eine Stiefkind-Adoption planen.
Sie ist nicht gedacht als Infobox für gleichgeschlechtliche Einzel-Eltern und ihren Kampf gegen Jugendamt, Betreuungsgericht und Co., und sie ist erst recht nicht gedacht als Kampfplattform für Väter, die auf diese Weise das Sorgerecht verlieren. Es geht hier um "ganz normale" Stiefkindadoptionen: Mann trifft Frau mit Kind, Mann heiratet Frau mit Kind. Und damit alle eine richtige Familie werden, will Mann das Kind adoptieren."

Das "kostenlose Informationsangebot" erscheint mir jedoch eher die Beschreibung einer einzelnen Adoptionsgeschichte. Der Hinweis auf eine "Kampfplattform für Väter" deutet darauf hin, dass der Autor sich sehr wohl bewusst ist, dass diese Väter eine Stiefkindadoption sehr kritisch sehen können. Dem "Kampf" mit entsorgten Vätern will er sich aber nicht stellen. Er stellt ausdrücklich fest, dass nur mit einem vom Mann adoptiertem Kind die Familie eine "richtige Familie" sei, ohne sich die Mühe zu machen, diese Behauptung zu begründen.

Auf dieser Webseite beschreibt der Autor den Ablauf der Adoption, die ihn zum Stiefkindadoptivvater eines Mädchens machte. Er scheint sehr begeistert davon, dass er dieses Mädchen adoptiert hat. Wer die Geschichte dieser Adoption liest, kann sich zu Recht fragen, ob dieser Mann wirklich Anlass hat, stolz auf sein Handeln zu sein.

Ich kenne die Protagonisten der zitierten Webseite nicht. Alle Informationen die ich habe, konnte ich nur dieser Webseite entnehmen.
Auf dieser Grundlage schreibe ich die Geschichte dieser Adoption neu:

 

Der spätere Stiefkindadoptivvater, also der Autor der "anderen" Webseite, lernte eine Frau mit einer kleinen Tochter kennen. Ich werde ihn hier "Autor" nennen. Beide lernten sich lieben und zeugten ein gemeinsames Kind. Dieser Sohn wurde, wie schon die Tochter der Frau, unehelich geboren.

Es ist nachvollziehbar, dass eine Frau mit zwei unehelichen Kindern das Bedürfnis hat, sich und diesen Kindern Sicherheit in der Form einer gesetzlich geschützten Ehe zu verschaffen. Im Gegensatz zum Vater der Tochter ("Er war auch nie in der Lage, Unterhalt für das Kind zu zahlen. Seine Schulden wuchsen also von Monat zu Monat.") bot der Vater des Sohnes den finanziellen Rahmen dafür. (Inhaber eines Verlages mit einem "großzügig gebauten Haus")
Es ist nachvollziehbar, dass der Autor mit der Mutter seines Sohnes zusammen leben will und dazu gehört hier unbedingt, dass er auch deren Tochter in die Familie aufnimmt, da diese bei der Mutter bleiben soll.
Die Mutter hätte sicherlich auch den Vater der Tochter heiraten können. Ein Kind wird ja wohl meist gezeugt, weil zwei Menschen sich lieben. Der nachdrückliche Hinweis des Autors auf die finanzielle Lage des Vaters lässt jedoch die Vermutung aufkommen, dass die Mutter mit dieser nicht zufrieden war. Der Hinweis auf die große Entfernung zwischen Vater und Kind könnte eine Erklärung dafür sein, dass der Vater seine Tochter nur selten sehen konnte. Es könnte aber genau so sein, dass die Mutter den nun nicht mehr geliebten Vater der Tochter entsorgen wollte und dies umgesetzt hat.

Der Autor heiratete die Mutter seines Sohnes. Damit bekam der Sohn den Ehenamen. Die Tochter der Ehefrau bekam über eine Einbenennung den Familiennamen. Da der Vater kein Sorgerecht hatte, wurde er nicht gefragt, ob er einverstanden ist.
Damit war die neue Familienkonstellation geschaffen. Vater, Mutter, Sohn und Tochter wohnten von nun an zusammen und lebten als eine Familie, deren Mitglieder alle den gleichen Familiennamen tragen. Sie waren eine Patchworkfamilie wie viele andere auch.
Aber das reichte den Erwachsenen nicht. Damit man als eine "richtige" Familie erscheint, musste nun auch der Vater der Tochter entgültig entsorgt werden. Das geschah über die Stiefkindadoption.

Zu dieser ist die Zustimmung des Vaters notwendig. Der Autor beschreibt den Vorgang so: 
"Weil wir keine große Lust hatten, das Thema Adoption direkt mit dem leiblichen Vater auszudiskutieren, wandten wir uns an einen Anwalt. Er sollte die Einwilligung einholen und verwies im Rahmen eines ersten freundlichen Anschreibens an den leiblichen Vater natürlich zuerst mal auf den fälligen Unterhalt. Die Antwort kam postwendend und besagte, dass der leibliche Vater sich glücklich schätzen würde, wenn seine Tochter von mir adoptiert werden würde. (Er hat es anders formuliert, aber ich bin mir sicher, dass er das mit seinem Brief aussagen wollte.)"
Hier wurde also mit einem Anwalt, der mit fälligen Unterhaltsforderungen drohte, Druck auf den Vater der Tochter ausgeübt. Dieser stimmte der Forderung auch zu. Vermutlich sah er keinen Sinn darin, Vater einer Tochter zu sein, die er in sechs Jahren gerade drei mal sehen durfte, für die er aber Unterhalt zahlen sollte. Das als ein "sich glücklich schätzen" auszulegen, ist ein Hinweis darauf, dass der Autor die natürliche Bindung zwischen Vater und Tochter bewusst ignoriert. Kein Vater schätzt "sich glücklich", wenn er sein Kind verliert. 

Der Hinweis darauf, dass ein Gericht die Zustimmung des leiblichen Vaters ersetzen könne, ist unzutreffend.
Das Bundesverfassungsgericht hat am 29.11.2005 unter dem AZ - 1 BvR 1444/01 - entschieden, dass vom Gericht die Zustimmung nicht "unter leichteren Voraussetzungen ersetzt werden kann, als dies bei den übrigen Vätern der Fall ist." Somit hätte die Zustimmung des Vaters nicht ersetzt werden können.

 

Der Autor behauptet, "Der Kauf eines Buchs zum Thema Adoption ist für Leute, die eine Stiefkindadoption planen, reine Geldverschwendung."
In Büchern zur Adoption wird auch angesprochen, dass adoptierte Kinder später häufig darunter leiden, dass sie von ihren Eltern getrennt wurden. Mit diesem Thema will sich der Autor aber nicht auseinandersetzen. Auch seine Adoptivtochter wird später die Frage stellen, warum sie vom ihrem biologischen Vater getrennt wurde. Und alle Adoptiveltern, gleich ob "richtige" oder Stiefkindadoptionseltern, sollten sich vor einer Adoption mit dieser Frage beschäftigen. Es ist also sehr sinnvoll, solche Bücher zu lesen.
Statt dessen wirbt er für mehrere Bücher zum Thema Patchworkfamilie. Damit stellt er unter Beweis, dass er gar nicht die Absicht hat, seine Adoptivtochter wirklich zu seiner eigenen Tochter zu machen, was der Sinn einer Adoption wäre.
Besonders fällt auf, was der Autor über seine Adoptivtochter schreibt:
"Die Stieftochter: Sie ist der Stein des Anstoßes :) Geboren im Oktober 2002."
Er bezeichnet seine Adoptivtochter also heute als "Stein des Anstoßes" und als Stieftochter. Das belegt nachdrücklich, dass er den Unterschied zwischen Stief- und Adoptivtochter nicht wahrhaben will und das von ihm adoptierte Mädchen als Stiefkind und als Ärgernis empfindet.
Warum aber hat der Autor dann das Mädchen adoptiert? Auch das kann man unschwer nachlesen. Im Zusammenhang mit der Zustimmung des Kindes zur Adoption schreibt er: "Das Kind muss einverstanden sein. Ist das Kind unter 14 Jahren alt, muss der gesetzliche Vertreter des Anzunehmenden einverstanden sein. In unserem Fall war das meine Frau. Und die war einverstanden, schließlich hat sie recht oft mit dem Thema angefangen." Offensichtlich war die beabsichtigte Adoption (und damit die Entsorgung des Vaters) vor allem der Wunsch der Mutter.
In einer Patchworkfamilie leben Eltern mit Kindern zusammen, die aus ursprünglich anderen Beziehungen stammen. In diesen behalten aber die Kinder die verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihren Eltern. Hätte der Autor auf eine Adoption der Tochter seiner Frau verzichtet, würde er heute tatsächlich in einer Patchworkfamilie leben. Es drängt sich die Vermutung auf, dass hier eine Adoption nur stattfand, um den Vater des Mädchens zu entsorgen.

Natürlich ist es unbefriedigend, über dieses Thema zu schreiben, ohne die Blickwinkel aller Beteiligten zu kennen. Insbesondere würde ich gerne schildern, was der Vater des Mädchens zu der Adoption und zu seiner Beziehung zu seiner Tochter zu sagen hat. Das kann ich aber leider nicht, da ich ihn nicht kenne. Aus den Erfahrungsberichten anderer entsorgter Väter kann ich aber nachvollziehen, wie er sich fühlen wird.

Letztlich hat sich der Autor auf seiner Webseite die Mühe gemacht, eine Anleitung zur Entsorgung von Vätern zu geben, deren Mütter einen anderen Vater für ihr Kind suchen. Die Grundlage dafür hat seine Frau bereits gelegt, indem sie den Kontakt des tatsächlichen Vaters mit seinem Kind unterbunden hat. Er geht jedoch nicht einmal im Ansatz auf das ein, was viele adoptierte Kinder extrem belastet: Die fehlende Kenntnis ihrer Wurzeln, der fehlende Umgang mit ihren tatsächlichen, aber entsorgten Eltern.

Kinder sind keine Objekte, die man beliebig von einer Beziehung der Eltern in eine andere verschieben kann. Sie haben eine Bindung zu ihren tatsächlichen Eltern. Können sie nicht mit diesen zusammen leben, ist es die Pflicht der Eltern, den Umgang zu beiden Eltern zu ermöglichen. Wenn Kinder durch eine neue Beziehung eines Elternteils in eine Patchworkfamilie kommen, kann es durchaus sein, dass sie in einem neuen Elternteil einen Menschen hinzugewinnen, zu dem eine innige Beziehung entsteht. Deshalb bleibt aber trotzdem die Beziehung zu den wirklichen Eltern für jedes Kind wichtig und darf nicht zerstört werden.
Auf der "anderen" Webseite zur Stiefkindadoption wird nachdrücklich beschrieben, wie eines der natürlichsten Rechte von Kindern missachtet wird.

Ich wünsche der Adoptivtochter des Autors, dass sie ihren tatsächlichen Vater kennen lernen wird. Ich wünsche ihr, dass sie zu ihren beiden Vätern eine Beziehung haben wird, die von gegenseitigem Vertrauen und Liebe geprägt ist.
Ich wünsche dem Autor, dass er lernt, die Bedürfnisse seiner Adoptivtochter wahrzunehmen und ihr hilft, diese in ihrem Leben zu verwirklichen.