Harald

Harald wurde 1970 im Alter von 6 Jahren von seinem Stiefvater zwangsadoptiert.
Er selbst bezeichnet dies so, weil die Adoption ohne Einwilligung und Wissen seines Vaters und auch ihm selbst stattfand und ohne daß er damals etwas davon erfuhr. Er bezeichnet den Mann weiterhin als seinen Stiefvater, da er die Adoption nicht akzeptiert.

Harald wurde unehelich geboren. Mit einem Vaterschaftstest wurde der leibliche Vater festgestellt. Die Mutter heiratete einen anderen Mann.

Schon vor der Adoption wurde er von seinem Stiefvater körperlich wie seelisch auf das Grausamste misshandelt. Er kann ihn deshalb nicht als Vater ansehen. Als Erwachsener versuchte er, die Adoption rückgängig zu machen. Er klagte erfolglos durch drei Instanzen. Endgültig lehnte der 25. Zivilsenat des OLG Düsseldorf am 7. Februar 2000 seinen Antrag ab.

Die Richter begründeten dies: "Durch Beschluss vom 24.02.1999 hat das Amtsgericht den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen hat der Betroffene Beschwerde erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, sein Begehren müsse in analoger Anwendung des § 1771 BGB positiv beschieden werden, um krasses Unrecht zu vermeiden. Während der gesamten Kindheit habe der Beteiligte zu 2. ihn vielfach mißhandelt; das habe bei ihm, dem Betroffenen, schwerste psychische Schäden hervorgerufen.
Das Landgericht hat die Beschwerde mit der Begründung zurückgewiesen, ein krasser Ausnahmefall, für den in der Rechtsprechung eine sinngemäße Anwendung der genannten Gesetzesbestimmung zugelassen werde, sei nicht anzunehmen; denn es sei dem Betroffenen inzwischen möglich, Begegnungen mit dem Beteiligten zu 2. zu vermeiden. Ihm sei es deshalb zuzumuten, die fortdauernden familienrechtlichen Bande hinzunehmen."

Dies bedeutet: Auch wenn ein Adoptivvater ein Kind permanent mißhandelt, bleibt er rechtlich nicht trennbar mit dem Kind verbunden, obwohl es eigentlich gar nicht sein Kind ist. Es könne ja Begegnungen mit ihm vermeiden.

Es kommt aber Harald nicht darauf an, Begegnungen mit seinem Peiniger zu vermeiden. Jedes Kind identifiziert sich mit seinen Eltern. Hier geschieht das Gegenteil: Dieser Mann ist nicht sein Vater. Weder biologisch noch im Alltag. Harald möchte sich endgültig befreien. Dies läßt unser Adoptionsrecht nicht zu.

Zumindest einen Schritt in die gewünschte Richtung hat er doch erreicht: Er hat vor ca. 10 Jahren seinen Namen geändert und trägt nun wieder den Mädchennamen seiner Mutter. Im Berufsleben ist er erfolgreich, eine Familie hat er nicht. Er will damit vermeiden, daß ggfs. seine Kinder mit seinem Stiefvater verwandt sind.
Er vertritt die Meinung, die völlige Gleichstellung Adoptierter begründe keine Unaufhebbarkeit in dem Sinne, daß leibliche Kinder ihren Eltern die Verwandtschaft ja auch nicht kündigen können. Das ist aus seiner Sicht eine pervertierte Auslegung (Adoptionsmystik).

(Die Identität der Personen ist dem Verfasser bekannt)